Als Mohammad (s.a.s.)
40 Jahre alt war, erhielt er die erste Offenbarung. In einer der letzten
Nächte des Ramadans des Jahres 610 betete er in der Hiraa-Höhle. Es war
gerade Morgendämmerung, da rief jemand von hinten: "0 Muhammad!", wobei
die Höhle ganz erleuchtet wurde. Es war der Erzengel Gabriel (a.s.), der
sich in menschlicher Gestalt sehen ließ. Er sagte zu Mohammad (s.a.s.):
Lies!" Mohammad (s.a.s.) antwortete: "Ich kann nicht lesen. Da
wiederholte der Engel seine Aufforderung: ' Lies!". Und Mohammad (s.a.s.)
sagte abermals: "Ich kann nicht lesen!" Da drückte der Erzengel Gabriel (a.s.)
Mohammad (s.a.s.) von Kopf bis Fuß so fest, dass Mohammad (s.a.s.) davon
erschöpft war, und forderte ihn nochmals auf. " Lies!" Mohammad (s.a.s.)
fragte: "Was soll ich lesen?" Erzengel Gabriel (a.s.) rezitierte folgende
Ayat.
"Lies im Namen
deines Erhalters, der erschuf. Er erschuf den Menschen aus einer
Keimzelle. Lies, und dein Erhalter ist der Edelmütigste, der durch die
Feder gelehrt hat. Er hat den Menschen gelehrt, was er nicht gewusst
hat." (Al- Alaq 96:1-5)
Die ersten fünf
Ayat (=Verse) der Suuratu l-Alaq sind die ersten herabgesandten Ayat des
Qur’an. Der Stimme des Engels folgend rezitierte Mohammad (s.a.s.) diese
Ayat.
Nach dieser
ersten Offenbarung kehrte er aufgeregt, zitternd nach Hause zurück, legte
sich nieder und sagte zu seiner Frau Hadidscha (r.a.). "Decke mich zu!"
Dann schlief er gleich ein. Nachdem er aus seinem tiefen Schlaf erwacht
war, erzählte er seiner Frau, unserer Mutter Hadidscha (r.a.), was er
erlebt und erfahren sowie von dem Engel erhalten hatte. Hadidscha sagte:
"Das ist eine frohe Botschaft! Bei Allah, dem Erhabenen, der mir mein
Leben geschenkt hat, ich schwöre und sage dir, du wirst der Gesandte
dieser Welt. Allah, der Erhabene, wird dich nie im Stich lassen. Du
nimmst Rücksicht auf die Rechte deiner Verwandten, hältst immer dein Wort,
erträgst Schwierigkeiten, nimmst Gäste ehrenvoll auf und eilst denen zu
Hilfe, die von einem Unglück betroffen sind. Allah wird einen solchen
Diener von Ihm nicht im Stich lassen."
Mit dieser
ersten Offenbarung begann die Berufung Muhammads (s.a.s.). Er war
einerseits sehr dankbar, dass Allah, der Erhabene, ihm Seine Gnade
anvertraut hatte, aber andererseits auch etwas skeptisch, ob er die ihm
auferlegte Aufgabe erfüllen könne.
Nach dieser
ersten Begegnung ließ sich Gabriel (a.s.) einige Monate nicht sehen.
Eines Tages, als Mohammad (s.a.s.) von Hiraa nach Hause unterwegs war, sah
er den Offenbarungsengel zum zweiten Mal, und zwar am Himmel in seiner
eigenen Gestalt. Sein Herz begann schneller und lauter zu pochen und sein
Körper zu zittern. Sogleich kehrte er zu Hadidscha (r.a.) zurück und
sagte: "Bedecke mich! Bedecke mich!"
Nach einiger.
Zeit brachte Gabriel (a.s.) ihm folgende Verse: "0 du, sich Bedeckender!
Stehe auf und warne! Und verherrliche deinen Gebieter! Und halte deine
Kleider ständig rein!" (AlMuddattir 74:1-4)
Von diesem
Moment an sollte Mohammad (s.a.s.) die Menschen warnen. Zuerst teilte er
diese neue Offenbarung seiner Gemahlin, der Mutter der Gläubigen,
Hadidscha (r.a.) mit. Sie bestätigte als erste Gläubige die Berufung
Muhammads (s.a.s.) und erfüllte mit ihm die Gebete. Hadidscha (r.a.), die
Mutter der Muslime, hatte nicht nur die Ehre, die erste Gläubige zu sein,
sondern sie half Mohammad (s.a.s.) während der Erfüllung seiner gesegneten
Aufgabe und tröstete ihn in schwierigen Situationen.
Nach Hadidscha (r.a.)
bestätigte 'Ali (k.w.), sein Neffe, die Berufung Muhammads (s.a.s.).
Nach 'Ali (k.w.)
nahm auch Zayd b. Haritah, der Adoptivsohn Muhammads (s.a.s.), den Islam
an. Danach trat Abu Bakr (r.a.), der engste Freund unseres Propheten (s.a.s.),
zum Islam über. Durch die Hilfe von Abu Bakr (r.a.) nahmen folgende
Personen den Islam an: 'Utmaan b. 'Affan, Abdur-Rahmaan b. Awf, Sad b. Abi
Waqqaas Zubayr b. Awwam, Talbah b. Ubaydillah (r.a.). Im Laufe der ersten
drei Jahre sprach Allahs Gesandter (s.a.s.) im geheimen mit einzelnen
Menschen. Abu Bakr und andere Muslime sprachen dann mit ihren Verwandten
und engsten Freunden. Nach drei Jahren erreichte so die Zahl der Muslime
etwa dreißig. Im vierten Jahre der Berufung offenbarte Allah , der
Erhabene:
Und verkünde
das, womit du beauftragt bist, in der Öffentlichkeit und wende dich von
den Götzendienern ab." (Al- Hidschr 15:94)
Von diesem Tag
an verkündete Mohammad (s.a.s.) den Qur’an in der Öffentlichkeit und
verrichtete seine Gebete bei der Kaabah; er rief die Menschen auf, an die
Einheit Allahs zu glauben sowie die Götzendienerei zu lassen. Die meisten
Ungläubigen maßen dem Islam in den ersten Jahren keine Bedeutung bei. Sie
unterschätzten die Wichtigkeit des Islam. Immer wenn Allah, der Erhabene,
neue Suren (=Kapitel) und Ayat offenbarte sowie Mohammad (s.a.s.) die
Sinnlosigkeit der Götzendienerei zu erklären versuchte, verstärkten die
Ungläubigen ihre abweisende Haltung. Zuerst begannen sie, über die
Muslime schamlos zu spotten und zu schimpfen. Dann unterdrückten sie die
armen und schwachen Muslime, um schließlich eine unmenschliche und
ungerechte Sozial- und Wirtschaftsblockade über die Muslime zu verhängen.
Als letztes griffen sie die Lebensrechte aller Muslime an. Um sie vor der
Unterdrückung der Ungläubigen zu befreien, erlaubte Mohammad (s.a.s.)
ihnen nach Abessinien auszuwandern.
Im fünften Jahre
der Berufung flüchtete eine Gruppe von 16 Muslimen nach Abessinien.
Im sechsten Jahr
der Berufung haben Hamzah b. AbDul- Muttalib (r.a.), der Onkel Muhammads (s.a.s.),
als 39. und drei Tage nach ihm Omar b. al-Hattaab (r.a.) als 40. Muslim
den Islam angenommen. An dem Tag besuchten die Muslime die Kaabah in
aller Öffentlichkeit, verrichteten gemeinsam das Gebet und riefen den
Takbiir aus. Die Annahme des Islam durch Hamzah (r.a.) und 'Omar (r.a.)
spielte in der weiteren Verbreitung unserer Religion eine wesentliche
Rolle. In den darauf folgenden Monaten nahm die Zahl der Gläubigen auf
300 zu.
Einmal kamen
zehn Ungläubige zu Abu Taalib, dem Onkel des Propheten (s.a.s.), und
sagten: "0 Abu Taalib, du mögest mit deinem Neffen sprechen und ihn
warnen. Er will die Religion unserer Urgroßväter beseitigen und beleidigt
unsere Götter. Er soll mit seinen Behauptungen aufhören. Wenn er will,
wählen wir ihn zu unserem Oberhaupt, geben ihm Vermögen und verheiraten
ihn mit den schönsten Frauen Arabiens." Ähnliche Vorschläge machten sie
später gegenüber Mohammad (s.a.s.). Doch er lehnte diese ab und sagte:
"Ich schwöre bei Allah, dem Erhabenen, mit dieser göttlichen Berufung darf
ich nicht aufhören, auch wenn ihr mir, die Sonne in die eine und den Mond
in die andere Hand legen könntet." Obwohl Abu Taalib nicht in der
Öffentlichkeit zum Islam übergetreten war, unterstützte er seinen Neffen
Mohammad (s.a.s.), Allahs Gesandten, unentwegt. Seine Unterstützung
bremste die Ungläubigen.
Die Sozial- und
Wirtschaftsblockade, die im siebenten Jahr der Berufung Muhammads (s.a.s.)
begonnen hatte und sich gegen alle Muslime richtete, dauerte drei Jahre.
So versammelten sich alle Muslime um den Gesandten Allahs- (s.a.s.) in
jenem Stadtteil, wo mehrheitlich die Haschimiten, das ist der Stamm
Muhammads (s.a.s.), wohnten. Während dieser schrecklichen Jahre
verhungerten zahlreiche Kinder, wurden einige Muslime wegen ihres Glaubens
ermordet. Zum zweiten Mal mussten die Muslime nach Abessinien flüchten.
Im siebenten Jahr der Berufung wanderte eine noch größere Gruppe von
Muslimen nach Abessinien aus. Sie bestand aus 13 Frauen und 77 Männern.
Allahs Gesandter Mohammad (s.a.s.), konnte nur während der Zeit der
Pilgerfahrt, also etwa vier Monate lang Fremden den Islam erklären. Das
Zentrum der arabischen Halbinsel war auch damals Mekka, und jedes Jahr
fanden dort in den Monaten Dul-Qadah, Dul-Hiddsche, Muharram und Redscheb
die größten Kultur- und Wirtschaftsausstellungen Arabiens statt. Seit
alters her fühlten sich die Araber verpflichtet, im Laufe dieser Monate
Frieden zu wahren und alle Konflikte und Auseinandersetzungen
vorübergehend beiseite zu legen. Mohammad (s.a.s.) nutzte diese
Möglichkeit, um die göttliche Botschaft zu verbreiten. Einmal sprach er
mit einer Gruppe aus Medina und rezitierte ihnen aus dem Qur’an. Sie
waren zu sechst und traten zum Islam über. Nach ihrer Rückkehr haben sie
die Öffentlichkeit in Medina auf die neue Religion vorbereitet.
Erst im zehnten
Jahre der Berufung wurde die schreckliche Blockade aufgehoben. Die Freude
der Muslime dauerte nicht lange. Denn es starben nacheinander Abu Taalib
und Hadiuuah (r.a.),
die Mutter der
Gläubigen. Abu Taalib war nie offiziell dem Islam beigetreten, hatte aber
seinem Neffen Mohammad (s.a.s.) sehr geholfen und fand deshalb besondere
Anerkennung in der Geschichte des Islam. Die vorbildhafte Rolle Hadidscha
(r.a.) in der Verbreitung des Islam und ihre Tugendhaftigkeit kann man nie
genug würdigen. In der islamischen Geschichte erhielt sie den Ehrentitel
Hadidschai-Kubraa (=Große Hadidscha). Im zehnten Jahre der Berufung
Muhammads (s.a.s.) sind Abu Taalib und Hadidscha (r.a.), zur Ewigkeit
gegangen. Aus diesem Grund wurde dieses Jahr von den Gläubigen Sanatu
l-Huzn (=Trauerjahr) genannt.
Der Gesandte
Allahs (s.a.s.) wollte den Leuten von Taif die Botschaft Allahs
verkünden. Er ging mit seinem Adoptivsohn Zayd nach Taiif. Doch die
Bevölkerung von Taiif nahm den Islam nicht an, im Gegenteil, sie empfingen
den Gesandten Allahs (s.a.s.) unfreundlich und bewarfen ihn und seinen
Begleiter mit Steinen, so dass sogar seine Füße bluteten.
Während die
Ungläubigen dem Gesandten Allahs (s.a.s.) allerlei Schwierigkeiten
bereiteten und ihn sogar zu töten versuchten, lud Allah, der Erhabene,
Mohammad (s.a.s.) in den Himmel ein und empfing ihn in Seiner
unbeschreiblichen Gegenwart.
"Gepriesen sei
Allah, der Seinen Diener Muhammad, in der Nacht von "al-Masdschid
al-Haraam" zu "al-Masdschid al-Aqsa", dessen Umgebung wir gesegnet haben,
führte, um ihm unsere Zeichen zu zeigen." (Al-Israa 17:1)
"Der Abstand war
zwei Bögen groß oder noch kürzer. Allah offenbarte Seinem Diener
Muhammad, was Er offenbart hat. Das Herz hat nicht geleugnet, was das
Auge sah. " (Al- Nadschm / 53:9-11)
Allah, der
Erhabene, ließ Seinen letzten Gesandten die sieben Himmel und die achte
und neunte verborgene Welt (='Arsch und Kurs) betrachten. Dieser
besondere, einmalige, göttliche Empfang heißt Miiraadsch. Während dieses
Miiraadsch-Empfanges hat Allah, der Erhabene, Seinem Gesandten (s.a.s.)
die letzten zwei Verse der Sure al-Baqarah unmittelbar offenbart und uns
Muslimen das Gebet vorgeschrieben.
Im zwölften
Jahre der Berufung hat eine große Gruppe aus Medina den Gesandten Allahs (s.a.s.)
in 'Aqabah besucht, sich mit ihm ausführlich besprochen und mit Allahs
Gnade den Islam angenommen. Diese Gruppe bestand aus zwei Frauen und 73
Männern. Diese Muslime haben sowohl den Gesandten Allahs (s.a.s.) als
auch die mekkanischen Muslime nach Medina eingeladen, um sie vor der
Unterdrückung durch die Ungläubigen zu retten. Mit der Erlaubnis
Muhammads (s.a.s.) sind die ersten mekkanischen Muslime geheim und
gruppenweise nach Medina ausgewandert. Die Auswanderung der Muslime
bereitete den mekkanischen Ungläubigen Angst, weil sich damit der Islam in
einer wichtigen Stadt außerhalb Mekkas verbreitete. Die Ungläubigen
versuchten, die Verbreitung des Islam zu verhindern und Allahs Gesandten
zu ermorden.