Mohammad (s.a.s.)
war mit 'Ali (k.w.) und Abu Bakr (r.a.) allein in Mekka zurückgeblieben.
Alle anderen Muslime waren bereits ausgewandert. Abu Dschahl, der ärgste
Feind des Islam, wollte diesen Augenblick der Einsamkeit Muhammads (s.a.s.)
ausnutzen. Er versammelte die Stammesführer im Daaru n-Nadwah (=Haus der
Begegnung). Nach einer heftigen Diskussion beschlossen sie, nachts
Mohammad (s.a.s.) zu überfallen, und suchten dafür 40 Ungläubige aus.
Inzwischen kam
der Engel Gabriel (a.s.) zu Mohammad (s.a.s.) und teilte ihm das Vorhaben
der Ungläubigen mit. Daraufhin beauftragte Mohammad (s.a.s.) seinen
Neffen 'Ali (k.w.), die Nacht über in seinem Bett zu liegen und sich mit
seinem Mantel zuzudecken, damit die Ungläubigen meinen sollten, dass
Mohammad (s.a.s.) schliefe. Daraufhin lag 'Ali (k.w.) im Bett Muhammads (s.a.s.).
Allahs Gesandter (s.a.s.) verließ das Haus, indem er die Sure-Yasin (=das
36. Kapitel des Qur’an
) rezitierte,
nahm eine Handvoll Erde vom Boden und streute sie zu den Ungläubigen, die
sich um das Haus herum versteckt hatten, damit sie ihn nicht sehen
konnten. Er ging zu Abu Bakr (r.a.) und berichtete ihm, dass er in dieser
Nacht mit der Gnade Allahs auswandern sollte, und dass Abu Bakr (r.a.) mit
ihm kommen dürfe, worauf Abu Bakr vor Freude zu weinen begann. Beide
machten sich auf den Weg ins Tawr-Gebirge, wo sie sich in einer Höhle drei
Tage und drei Nächte lang versteckten.
Als die
Ungläubigen den Neffen im Bett Muhammads (s.a.s.) vorfanden und enttäuscht
feststellen mussten, dass Mohammad (s.a.s.) das Haus vor ihnen verlassen
hatte, begannen sie sofort mit der Verfolgung des Gesandten Allahs (s.a.s.).
Eine Gruppe der Verfolger näherte sich der Höhle, wo sich die beiden
versteckt hielten. Da vernahm Abu Bakr die sich nähernden Schritte und
flüsterte Mohammad (s.a.s.) leise ins Ohr: "0 Allahs Gesandter! Sie
nähern sich." Dieser versuchte ihn zu beruhigen: "Habe keine Angst.
Allah, der Erhabene, ist mit uns." Einer der Ungläubigen wollte in die
Höhle hereinschauen, als ein anderer zu ihm sagte: "Siehst du nicht das
Spinnennetz und die Taube? Wenn sie drinnen wären, würde die Taube doch
weggezogen und das Spinnennetz zerstört worden sein." Darauf entfernten
sie sich, ohne in die Höhle geschaut zu haben.
Abdullaah b. Abu
Bakr (r.a.) besorgte einen Karawanenführer und zwei Kamele. Am Morgen
nach der dritten Nacht machte sich die Auswanderergruppe auf den Weg.
Mohammad (s.a.s.) und Abu Bakr (r.a.) ritten auf dem einen und 'Amtr, ein
von Abu Bakr (r.a.) freigelassener Sklave, und der Karawanenführer auf dem
zweiten Kamel. In einem Tag und einer Nacht legten sie den beschwerlichen
Weg zurück.
Die Ungläubigen
setzten für denjenigen, der den Gesandten Allahs (s.a.s.) finge, eine
Belohnung von 100 Kamelen aus. Diesem Aufruf folgten sehr viele Ritter
und machten sich auf seine Spur. Einer dieser Ritter war Suraaqa, der
beinahe Mohammad (s.a.s.) eingeholt hätte. Da strauchelte sein Pferd, und
Suraaqa fiel zu Boden. Doch er gab nicht auf, ritt weiter. Als er in der
Nähe Muhammads (s.a.s.) war, versanken plötzlich die Beine des Pferdes in
der Erde. In diesem Augenblick wurde ihm bewusst, welchen schweren Fehler
er dabei war zu begehen. Er bat um Entschuldigung, kehrte um und hielt
auf dem Rückweg einige andere Ritter, die er antraf, davon ab, die von den
Ungläubigen angestiftete Verfolgungsjagd auf Mohammad (s.a.s.)
fortzusetzen.
Einer dieser
Verfolger war Buraydah. Beim ersten Zusammentreffen mit dem Gesandten
Allahs (s.a.s.) nahm er den Islam an. Er und seine Begleiter blieben an
der Seite des Gesandten Allahs (s.a.s.), wobei er sein weißes Turbantuch
um seine Lanze band und Mohammad (s.a.s.) bat, sein erster Fahnenträger
sein zu dürfen, bis sie Qubaa erreichten. Am 12. Rabi'ul-Awwal, im Jahre
622, kam Mohammad (s.a.s.) in das Qubaa-Dorf, das eine Stunde von Medina
entfernt war. Dort warteten bereits alle Muslime auf den Gesandten Allahs
(s.a.s.). In Qubaa blieb Mohammad (s.a.s.) 14 Tage. 'Ali (k.w.), der zu
Fuß auswanderte, erreichte dort die Gruppe. Während dieser 14 Tage
Aufenthalt wurde die Qubaa Moschee errichtet.
Am 15. Tag
begaben sich alle Muslime, und zwar sowohl Frauen als auch Männer, und
Kinder, in einem eindrucksvollen zeremoniellen Marsch von Qubaa in
Richtung Medina. Unterwegs im
Raanuuna-Tal wurde das
aller erste Freitagsgebet in der islamischen Geschichte erfüllt. Da
offenbarte Allah (s.t.) folgende Ayat:
„O ihr
Gläubigen! Immer wenn am Freitag zum Gebet aufgerufen wird, dann eilt
sogleich zum Gedenken Allahs, und lasset den Handel."
(Al-Dschumah 62:9)
Allahs Gesandter
(s.a.s.) trug eine Hutbah vor.
Nachdem Mohammad
(s.a.s.) Allah, den Erhabenen, gepriesen und gelobt hatte, sprach er
folgendermaßen:
"0 ihr
Menschen! Stellt für euch selbst etwas für das Jenseits bereit. Bei
Allah, dem Erhabenen, wie ihr alle wisst, wird einer von euch sterben und
sein Schaf unbehütet lassen. Dann wird Allah, der Erhabene, ihn
ansprechen, wobei weder ein Dolmetscher noch ein Torhüter, der vor ihm
einen Vorhang hält, vorhanden sein wird. Und Allah, der Erhabene, wird
ihn fragen: 'Ist mein Gesandter nicht zu dir gekommen, und hat er dir
nichts mitgeteilt? Ich habe dir Hab und Gut gegeben und dich gewürdigt.
Was hast du für dich vorbereitet?' Der Diener wird nach rechts und links
schauen, aber nichts sehen. Sodann wird er nach vorne schauen und nichts
außer der Hölle sehen. Daher, ihr Menschen, wer imstande ist, sich sogar
mit nur einer halben Dattel vor der Hölle zu retten, der soll diese Abgabe
sogleich erfüllen. Wer nicht einmal eine halbe Dattel hat, soll sich mit
einem schönen Wort retten. Denn eine gute Tat wird zehn- bis 700 Fach
belohnt. Der Friede, die Gnade und der Segen Allahs seien mit Euch und
mit dem Gesandten Allahs." (Ibn Hischaam, Siyrah, II, 146)
Nach dem Gebet
trat Mohammad (s.a.s.) in die gesegnete Stadt Medina ein. Es war ein
unbeschreibliches Fest. Kinder sangen, Frauen rezitierten Gedichte. Wir
wollen im geistigen Sinne an der Freude der damaligen Muslime teilnehmen
und singen folgendes Lied, das seither eines der beliebtesten Lieder der
islamischen Welt ist Tala'al-Badru 'alaynaa.
Wadschaba s-Schukru 'alaynaa.
Jede Familie
wollte Allahs Gesandten (s.a.s.) als Gast empfangen. Um die Würde jeder
Familie zu achten, ließ er sein Kamel frei. Das Kamel gelangte bis zur
Stadtmitte, wo es sich auf einem Grundstück niederließ. Das von diesem
Platz nächstgelegene Haus erlangte die Ehre, Allahs Gesandten (s.a.s.)
empfangen zu dürfen. Dieses war das Haus von Abu Ayyuub al-Ansaarii, der
väterlicherseits zum Verwandtenkreis Muhammads' (s.a.s.) gehörte. Allahs
Gesandter (s.a.s.) wohnte dort, bis die Masdschid an Nabawii und mit
diesem Bauwerk auch die gesegnete Wohnung Muhammads (s.a.s.) errichtet
worden war, also etwa sieben Monate lang. Außerdem wurden, an die Moschee
angeschlossen, geeignete Räumlichkeiten gebaut, um die Jugend zu
unterrichten sowie bedürftige Muslime finanziell zu unterstützen und um
dort zu speisen. Ebenso wurden in diesen Räumen Gäste Muhammads (s.a.s.)
empfangen.
Nach der
Auswanderung verbreitete sich der Islam noch rascher, da die
Voraussetzungen grundsätzlich für den Islam sprachen. Die Bevölkerung von
Medina bestand mehrheitlich aus Muslimen. Allahs Gesandter (s.a.s.)
gründete einen Stadtstaat. Allah, der Erhabene, vervollständigte seine
Religion stufenweise: Das Fasten, die Zakat und die Pilgerfahrt wurden zu
Medina vorgeschrieben; Alkohol, Glücksspiel und Schweinefleisch wurden
verboten. Der Verteidigungskrieg wurde genehmigt.
"Wenn sie mit
euch kämpfen, kämpft sofort mit ihnen." (AlBaqarah 2:191)
In Medina begann
die zweite Berufungsperiode Muhammads (s.a.s.). Gleich im zweiten Monat
nach der Hidschrah beschloss er ein freiwilliges und aufrichtiges
Brüderlichkeitsabkommen. Gemäß diesem Abkommen wurde jeder ausgewanderte
Muslim (=Muhaadschir) von einem in Medina ansässigen Muslim (=Ansaar) als
Bruder anerkannt und präsentiert. Geflüchtete Muslime erhielten so eine
Unterkunfts- und Auskommensgarantie. Mit Unterstützung ihrer
medinensischen Brüder konnten sie Wohnungen errichten und am
Geschäftsleben teilhaben.
Im Anschluss an
dieses Brüderlichkeitsabkommen beschloss Allahs Gesandter (s.a.s.) mit den
in der Umgebung wohnenden Juden ein Bürgerschaftsabkommen, das
gewährleisten sollte, dass Muslime und Juden gemeinsam die Stadt Medina
gegen Ungläubige verteidigen würden.
Allahs Gesandter
(s.a.s.) und die Muslime waren gezwungen, gegen die Ungläubigen zu
kämpfen. Der erste Krieg wurde im ersten Jahr nach der Hidschra, am 17.
Ramadaan (13. März 624), in der Nähe des Badr-Brunnens bestritten. Auf
Kamelen konnte man die Strecke zwischen Mekka und Badr in zehn Tagen und
die Strecke von Medina nach Badr in drei Tagen zurücklegen. Wäre Allahs
Gesandter (s.a.s.) nicht mit 305 Muslimen bis zum Badr Brunnen marschiert,
so hätten die Ungläubigen, 900 an der Zahl, die gesegnete Stadt Medina
überfallen. Obwohl die Ungläubigen dreimal so zahlreich wie die Muslime
waren, konnten die Muslime die Ungläubigen besiegen.
Im zweiten Jahre
nach der Auswanderung wurden das Fasten im Monat Ramadaan und die Zakat
vorgeschrieben. Der Zweite Krieg fand im dritten Jahr nach der Hidschra,
am 11. Schawwal 3 (27. März 625), beim Uhud-Gebirge, das nahe Medina
liegt, statt. Mit 3.000 Menschen waren die Ungläubigen ein zweites Mal
gekommen, um die Stadt Medina zu zerstören. Allahs Gesandter (s.a.s.)
kämpfte mit 700 Muslimen. 70 Muslime sind auf dem Schlachtfeld gefallen.
Die Ungläubigen konnten zurückgewiesen werden.
Im vierten Jahr
nach der Hidschra offenbarte Allah, der Erhabene, folgende Ayat:
"0h ihr
Gläubigen! Nähert euch nicht berauscht dem Gebet, bis ihr wisst, was ihr
sagt." (An-Nisaa 4:43)
Damit wurden die
Muslime noch einen Schritt vom Alkohol entfernt.
Im Winter des
fünften Jahres fand der dritte Krieg um die Stadt Medina statt.
Mekkanische Ungläubige und ihre Verbündeten belagerten mit 10.000 Soldaten
die gesegnete Stadt Medina. Zuvor hatte Allahs Gesandter (s.a.s.) einen
tiefen und breiten Graben um die Stadt herum anlegen und Schanzen bauen
lassen. Die Belagerung dauerte einen Monat. Die Muslime blieben in
Medina und verteidigten sich von der Stadt aus. Die Ungläubigen konnten
abermals zurückgeschlagen werden. Im selben Jahr wurden alkoholische
Getränke und Glücksspiele eindeutig verboten.
"0 ihr
Gläubigen! Wahrlich, der Wein, das Losspiel, die Opfersteine und die
Lospfeile sind Schmutz aus den Satanstaten. Vermeidet es! Vielleicht
werdet ihr damit das Wohlergehen erreichen." (Al-Maaidah 5:90)
Im sechsten Jahr
von Hidschra offenbarte Allah, der Erhabene,
"Tayammum-Ayat":
"Und wenn ihr
kein Wasser findet, so vollzieht' Tayammum' mit sauberem Sand und streicht
damit über euer Gesicht und die Hände." (Al-Maaidah 15:6)
Um die Kaabah zu
besuchen, begaben sich 1.500 Muslime unter der Führung Muhammads (s.a.s.)
auf den Weg. Allahs Gesandter (s.a.s.) forderte die Muslime auf, nur ein
Schwert mitzunehmen. Damals sollte jeder Reisende normalerweise ein
Schwert tragen. Damit wollte Mohammad (s.a.s.) die mekkanischen Heiden
beruhigen und ihnen zeigen, dass die Muslime eine Friedensreise
unternahmen. Trotzdem zeigten die Mekkaner Angst und beschlossen, die
Muslime nicht nach Mekka hineinzulassen. Inzwischen teilte Allahs
Gesandter (s.a.s.) den Mekkanern mit, dass die Muslime nur zum Besuch der
Kaabah gekommen waren. Er bot den Mekkanern die Möglichkeit an, ein
Versöhnungsabkommen zu unterzeichen. Nach langer Diskussion wurde am
Hudaybiyah Brunnen das Hudaybiyyah-Abkommen geschlossen. Dieser
Friedensakt beschleunigte die Öffnung Mekkas. Auf dem Heimweg nach Medina
offenbarte Allah, der Erhabene, dem Gesandten die Sure Al-Fath.
Im Laufe dieses
Friedensprozesses sandte Mohammad (s.a.s.) Sonderbotschafter zu den
damaligen Staatsoberhäuptern, um ihnen seine Berufung bekannt zu geben.
(Byzanz, Persien ...).